Seide galt viele Jahrhunderte lang als absolutes Luxusprodukt. Nur Aristokraten und andere reiche Leute konnten sich diesen edlen Stoff leisten, der zunächst nur aus China importiert wurde. Dort kannte man bereits vor 5000 Jahren die Kunst der Seidenherstellung.
Mittlerweile ist dieses Verfahren rund um die Welt verbreitet und Seide ist keiner bestimmten Bevölkerungsschicht mehr vorbehalten.
Doch billig und beliebig herzustellen ist Naturseide immer noch nicht, denn sie hat einen kleinen tierischen Lieferanten, der gut versorgt sein will, damit er in Fleißarbeit den Faden für unsere Seide spinnt.
Es ist die Seidenraupe, die Larve des Seidenspinners, auch Maulbeerspinner genannt, der wir die feine Naturfaser verdanken. Durch viele Jahrhunderte hindurch wurden diese Raupen zu einer Perfektion hin gezüchtet, die einen mengenmäßig, aber auch qualitativ hochwertigen Ertrag liefert. Nach dem Schlüpfen aus dem Ei dauert es rund 30 bis 35 Tage, bis die Raupe herangewachsen ist und mit dem Verpuppen beginnt.
Seide beim Discounter?
In diesem Monat häutet sie sich bis zu viermal täglich und frisst und frisst und frisst. Von der Geburt bis zur Verpuppung verzehr sie das Vierzigtausendfache ihres eigenen Körpergewichts an Maulbeerblättern. Etwas anderes frisst sie nicht und das erschwert die Zucht natürlich und das ist wohl auch der Grund dafür, dass echte Seidenblusen oder Seidenkleider noch immer nicht billig beim Discounter um die Ecke erhältlich sind.
Ist die Raupe ausgewachsen, werden ihre Spinndrüsen aktiv und sie sondert eine Proteinsubstanz ab, die beim Austreten an die Luft zu einem Faden erhärtet. Den wickelt die Raupe mittels Kopfbewegungen wieder und wieder um sich herum, bis ein fester, länglicher Kokon entstanden ist. Lässt man der Natur jetzt ihren Lauf, schlüpft nach acht bis 14 Tagen der Schmetterling (Seidenspinner) aus und der Kokon zerfällt. Aber genau das verhindert man, indem die Kokons eingesammelt und die Raupen durch Hitze abgetötet werden. Sodann lässt sich, nachdem eine äußere Schicht aus wirren Fasern durch Abbürsten entfernt wurde, ein Seidenfaden abwickeln, der bis zu 4000 Meter lang sein kann.
Die so erhaltenen feinen Fäden werden zu mehreren zusammengefasst, je nachdem, wie stark der Seidenfaden sein soll, der dann weiterverarbeitet wird. Zunächst hat man es jetzt mit Rohseide zu tun, die nicht glänz und nicht sehr geschmeidig ist. Durch Auskochen in Seifenwasser wird dann der Kleber (Seidenleim, Sericin) entfernt und der seidenfaden beginnt zu glänzen. Sodann wird gewickelt, gespult, gewebt – unsere feinen Seidenstoffe entstehen, die durch Färben zu wunderschönen Ausgangsmaterialien für unsere Blusen und Kleider werden.
Seide ist also ein absolutes Naturprodukt aus tierischen Fasern und enthält daher auch immer kleine Unregelmäßigkeiten.
Seide „atmet“, sie kühlt im Winter angenehm und wärmt im Sommer und sie fühlt sich wunderbar an auf der Haut. Doch sie ist auch empfindlich und verträgt den Kontakt mit Parfüm und Hautpflegemitteln ebenso wenig wie starkes Sonnenlicht. Seidenprodukte sollten nur mit der Hand, lauwarm und mit speziellen Waschmitteln gereinigt werden. Nicht stark auswringen, liegend trocknen lassen und schonend von links bügeln bitte. Werfen Sie aber unbedingt vor dem Waschen einen Blick auf das Pflegeetikett, ob das Kleidungsstück nicht vielleicht ausschließlich in die Reinigung muss. Gehen Sie also schonend und aufmerksam mit ihren Seidenblusen und Seidenkleidern um, damit Sie sich lange daran erfreuen können.